Baumängel und die OR-Revision ab 2026 – was sich wirklich ändert

Ab dem 1. Januar 2026 gelten im Obligationenrecht neue Regeln zum Gewährleistungsrecht bei Bau- und Grundstückgeschäften. Ziel der Revision ist eine praxistauglichere Rügepflicht und ein besserer Schutz für Käuferinnen und Besteller. Rechtsanwalt David Keller hat die wichtigsten Neuerungen prägnant zusammengefasst. 

Baumängel und die OR-Revision ab 2026 – was sich wirklich ändert

Die wichtigsten Neuerungen im Obligationenrecht zum Gewährleistungsrecht bei Bau- und Grundstückgeschäften sind:

• eine neu zwingende Rügefrist von 60 Tagen,
• ein gesetzlich verankertes Nachbesserungsrecht für neue oder schlüsselfertige Bauten,
• das Verbot der Verkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist,
• sowie Anpassungen im Werkvertragsrecht und beim Bauhandwerkerpfandrecht.

 

60 Tage statt Sofortrüge
Bislang verlangte das Gesetz, dass Mängel «sofort» gerügt werden müssen. Diese Regelung erwies sich bei Bauprojekten als schwer praktikabel – insbesondere bei komplexen Abnahmen.
Neu gilt:
• Für Grundstücke und unbewegliche Werke läuft ab Abnahme oder Entdeckung eines versteckten Mangels eine Mindestrügefrist von 60 Tagen.
• Diese Frist ist zwingend und darf vertraglich nicht verkürzt werden.
• Sie gilt auch dann, wenn ein bewegliches Werk (z. B. eine technische Anlage) in ein Bauwerk integriert ist und dort einen Mangel verursacht.

 

Nachbesserungsrecht für Käuferinnen neuer Bauten
Beim Kauf eines neuen oder schlüsselfertigen Gebäudes erhalten Käuferinnen künftig ein gesetzliches Recht auf unentgeltliche Nachbesserung.
Dieses Recht
• richtet sich nach den Regeln des Werkvertragsrechts,
• gilt für Gebäude, die noch zu errichten sind oder höchstens zwei Jahre alt sind,
• und kann vertraglich nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Damit wird eine bisher verbreitete Praxis beendet, wonach Verkäufer ihre Haftung ausschlossen und lediglich ihre Unternehmerrechte abtraten. Künftig muss der Verkäufer selbst für die Mängelbehebung einstehen – vorausgesetzt, der Käufer rügt den Mangel innert 60 Tagen und innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist.

 

Werkvertrag: Nachbesserung zwingend, Verjährung fix
Auch im Werkvertragsrecht wird die Nachbesserung für Mängel an einer Baute zwingend. Klauseln, die dieses Recht im Voraus ausschliessen, sind künftig nichtig.
Zudem darf die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängel an Bauwerken sowie Architekten- oder Ingenieurleistungen nicht mehr verkürzt werden. Damit entsteht ein einheitlicher Mindestschutz über alle Vertragsarten hinweg.

 

SIA-Norm 118 und Anpassungsbedarf
Die SIA-Norm 118 bleibt als Standardwerk weiterhin relevant, steht aber in einzelnen Punkten im Widerspruch zur Revision. Ihre Bestimmungen zur sofortigen Rüge werden künftig durch das Gesetz überlagert. Da die SIA-Norm bereits längere Rügefristen vorsieht, dürfte die praktische Wirkung der Revision begrenzt bleiben – eine Überarbeitung der Norm wird aber notwendig sein, um die zwingenden gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen.

 

Bauhandwerkerpfandrecht: Entlastung für Bauherrschaften
Auch das Zivilgesetzbuch wird angepasst: Wer ein provisorisches Bauhandwerkerpfandrecht beseitigen will, muss neu nur noch eine Sicherheit leisten, die die Pfandsumme plus Verzugszinsen für zehn Jahre abdeckt. Damit entfällt die bisherige, kaum praktikable Pflicht, Zinsen ohne zeitliche Begrenzung zu sichern – ein spürbarer Fortschritt für Bauherrschaften.

 

Fazit
Die Reform bringt mehr Rechtssicherheit und stärkt die Position der Käufer- und Bestellerseite deutlich. Gleichzeitig erfordert sie eine Überprüfung der Vertragsmuster, AGB und SIA-Verweise. Wer künftig Bau- oder Grundstückverträge abschliesst, sollte die neuen zwingenden Fristen und Rechte bereits heute einplanen.

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