Die Einpersonen-Aktiengesellschaft und die ungetreue Geschäftsbesorgung

Die Einpersonen-Aktiengesellschaft ist eine besondere Form der AG, bei der sämtliche Aktien in der Hand einer einzigen Person liegen. Sie eignet sich besonders für Selbständige, die ihr Unternehmen in einer haftungsbeschränkten Rechtsform führen möchten. Trotz dieser Unabhängigkeit gelten auch für die Einpersonen-AG klare gesetzliche Vorgaben. In diesem Beitrag erfahren Sie, was diese Gesellschaftsform ausmacht und welche rechtlichen Grenzen zu beachten sind.

Die Einpersonen-Aktiengesellschaft und die ungetreue Geschäftsbesorgung

Was ist eine Einpersonen-Aktiengesellschaft (AG) und was zeichnet sie aus?

Unter einer Einpersonen-AG versteht man eine AG, bei welcher alle Aktien im Besitz einer einzigen natürlichen oder juristischen Person sind. Der alleinige Aktionär kann gleichzeitig auch einziger Verwaltungsrat und Geschäftsführer sein (vgl. Art. 620 und Art. 707 OR). Gerade bei Selbständigen, welche die Unternehmung nicht als Einzelunternehmung, sondern in Form einer Kapitalgesellschaft führen wollen, ist die Form der Einpersonen-AG beliebt. Zentral ist dabei auch die Minimierung des persönlichen Risikos. Die Gesellschaft haftet nämlich nur mit dem Gesellschaftsvermögen, nicht aber mit dem privaten Vermögen des Aktionärs.

Kann ich als Aktionär/Verwaltungsrat/Geschäftsführer der Einpersonen-AG also schalten und walten wie ich will?

Nein, auch eine Einpersonen-AG hat die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Insbesondere die verdeckte Gewinnausschüttung kann eine ungetreue Geschäftsbesorgung nach Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB darstellen; im Falle eines Konkurses können zudem die konkursrechtlichen Vorschriften von Art. 163 ff. StGB verletzt sein.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine AG einem Aktionär (oder einer nahestehenden Person) einen Vorteil zuwendet, der nicht unter Drittbedingungen erfolgt – also nicht so, wie man es mit einem unabhängigen Dritten vereinbart hätte – ohne dass dies offen als Dividende ausgewiesen wird. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die AG ein Fahrzeug oder eine Immobilie unter Wert an den Aktionär verkauft oder der Aktionär gratis in einer Liegenschaft der AG wohnt. Erfasst sind aber auch überhöhte Löhne an Aktionäre oder Gehälter an Familienangehörige, die keine tatsächliche Leistung zugunsten der AG erbringen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung an einen Verwaltungsrat bzw. Aktionär ist grundsätzlich pflichtwidrig im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, weil sie den Interessen der übrigen Aktionäre und bei einer Einpersonen-AG möglicherweise auch Dritter zuwiderlaufen.

Das Bundesgericht hat in einem neuen Entscheid (BGE 6B_1211/2023 vom 3. März 2025, E. 1.2.4) folgendes festgehalten:

«Die Aktiengesellschaft ist auch in der Form einer Einpersonen-AG selbständige Vermögensträgerin. Ihr Vermögen ist nicht nur nach aussen, sondern auch im Verhältnis zu den einzelnen Gesellschaftsorganen ein fremdes. Die Einpersonen-AG ist daher auch für den sie als einziger Verwaltungsrat beherrschenden Alleinaktionär jemand anderer. Diese Verschiedenheit der Rechtssubjekte und damit die Fremdheit des Vermögens des einen Rechtssubjekts für das andere ist grundsätzlich auch im Strafrecht beachtlich. Verdeckte Gewinnausschüttungen oder anderweitige Vermögensdispositionen des einzigen Verwaltungsrats bzw. Geschäftsführers und Alleinaktionärs zulasten der Einpersonen-AG, die mit der Pflicht zur sorgfältigen Verwaltung der Geschäfte der Gesellschaft nicht vereinbar sind, erfüllen nach der Rechtsprechung daher den objektiven Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 StGB, wenn damit das Reinvermögen der Aktiengesellschaft im Umfang des Aktienkapitals und der gebundenen Reserven angetastet wird. Nicht unter den Tatbestand von Art. 158 StGB fallen demgegenüber Vermögensdisposition des Alleinaktionärs, welche das Reinvermögen der AG im Umfang des Aktienkapitals und der gebundenen Reserven unberührt lassen.»

Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung präzisiert und in Erwägung 1.3.2. des zitierten Entscheides festgehalten, dass auch eine Gesellschaft geschädigt werden kann, welche im Tatzeitpunkt kein Reinvermögen (Nettovermögen) aufweist, weil ihre Schulden (Fremdkapital) ihr Bruttovermögen (Aktiven) übersteigen. Folglich können auch überschuldete Gesellschaften Opfer von Vermögensdelikten sein, zumal der Zustand der Überschuldung vorübergehend sein kann.

Fällt die geschädigte Gesellschaft zudem in Konkurs, können bezüglich der oben beschriebenen Handlungen auch die Konkurstatbestände – betrügerischer Konkurs und Pfändungsbetrug, Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, Misswirtschaft etc. – zur Anwendung kommen (Art. 163 ff. StGB).

Fazit: Auch bei einer Einpersonen-AG sind die Regeln des Obligationen- und Strafrechts einzuhalten, weil nicht nur der Aktionär selbst sondern auch Dritte geschädigt werden können.

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